Die Entscheidung, die profitable Tochter abzustoßen, wurde in der RBS alles andere als aus eigenem Willen getroffen. Die renommierte Bank kam in der Wirtschaftskrise ins Straucheln und musste schließlich verstaatlicht werden, um dem Konkurs zu entgehen. Im Gegenzug zu der Genehmigung dieser Subventionen ordnete deshalb die Europäische Wettbewerbskommission den Verkauf von
Direct Line an, sodass sich RBS nur auf äußeren Druck hin zu diesem Schritt durchringen musste. Dieser Zwang hat sich auch in dem Preis niedergeschlagen, zu dem die Anteile auf den Markt geworfen werden. Dieser liegt mit einem erwarteten Erlös von 2,6 Milliarden britischen Pfund nur knapp über dem Eigenkapital der Firma, erwartet wurden wesentlich höhere Umsätze.

Talanx macht vor, wie man es nicht macht
Gut möglich ist aber auch, dass dem Vorstand der RBS das Beispiel der deutschen Versicherungsgruppe Talanx vor den Augen hatte. Die Hannoveraner haben bei ihrem angekündigten Börsengang nämlich so ziemlich alles falsch gemacht, was möglich war und mussten dabei mehrere zum Teil höchst peinliche

Kehrtwenden durchführen. Nachdem die Investoren nicht die geforderte Summe für das Unternehmen bezahlen wollte, sagte dieses den Börsengang komplett ab, um nur eine Woche später wieder einzuknicken und einen neuen Termin zu verkünden - zu Konditionen, die noch unter den anfangs gebotenen Bedingungen lagen. Der erwartete Verlust aus diesem PR-Desaster beträgt über ein Drittel der Einnahmen - geschätzte 200 Millionen Euro.

Druck aus anderer Richtung
Auch die Entscheidung für einen schnellen Verkaufsstart kommt nicht von ungefähr. Die RBS versucht vielmehr noch schnell, sich zu einem eher guten Preis zu verkaufen - denn die nächsten Probleme stehen bereits vor der Tür. Die britische Kartellkommission Competition Commission wurde bereits durch das Aufsichtsamt Office of Fair Trading in Gang gesetzt, um die Versicherungsbranche auf der Insel zu kontrollieren. Sie stört sich vor allem an den hohen Provisionszahlungen, die die Autoversicherer für Leihwagen und Reparaturen von den beauftragten Firmen kassieren. Diese stellen jedoch einen hohen Anteil der erwirtschafteten Gewinne dar - werden sie verboten, hätte dies deutliche Umsatzeinbrüche und eine deutlich zusammengeschmolzene Rendite zur Folge.

Vor diesem Hintergrund wird der geplante Börsengang von Direct Line von den Analysten mit Spannung erwartet und beobachtet. Die Firma selber leugnet selbstverständlich, dass äußere Faktoren ihre Entscheidungen beeinflusst hätten. Sie verweist lieber auf Einsparungen und eine erhöhte Rentabilität, die sie sich durch den Schritt erhoffen. Inzwischen sind auch weitere Maßnahmen an die Öffentlichkeit durchgesickert, die den Gewinn steigern sollen. Demnach könnten die Anleger die einzigen Gewinner dieses Sprungs auf das Börsenparkett sein, bei der Belegschaft sollen stattdessen in näherer Zukunft rund 100 Millionen Pfund eingespart und bis zu 900 Stellen abgebaut werden.

Weitere Informationen finden Sie unter:
Die Autoversicherung von Direct Line

Financial Times