Ich gehe mal davon aus, dass Du dort, wo Du jetzt bist, an anspruchsvolleren, weniger trivialen und weniger kommerziellen Projekten programmierst, allerdings würden wir den Quellcode dann wohl nicht mehr verstehen.

Herbert, Deine stoische, sture Art waren mir beim Entwickeln eine große Hilfe. Ich habe viel von Dir gelernt und dachte ansich, das könne noch etwas weiter gehen, doch diese Sequenz ist dann nicht geschrieben worden. Herbert Du fehlst, weil Du einer der letzten Deiner Art warst, wer war schon so lange dabei wie Du?
Ich stelle mir dann immer vor, wie Du Anfang der 70er des letzten Jahrtausends in der DDR fern der technisierten Welt, mit dem Steinmeißel für jede 1 immer eine Kerbe gemeißelt hast, in die dann das Lot fiel, wodurch der Klöppel hochgezogen wurde, um dann, wenn das Lot 2 mal nicht in eine Kerbe fiel, auf den Bolzen zu fallen, der das Loch stanzte.

Ich weiß, ganz so elementar hast auch Du nicht angefangen, jedoch Deine Erfahrung war gewaltig. Es beeindruckt mich noch,

dass Dir die Programmiersprache völlig egal war, auch hattest Du weder jeden Befehl, noch Funktion oder Syntax im Kopf – Du hast einfach jedes Problem in seine Bestandteile zerlegt und eine Lösung gefunden. Fertig.

Und nun? Offenbar gibt es Programme die sich nicht mehr disassemblieren lassen, das tut weh. Du fehlst, weil Du auch einer der letzten Deiner Art warst, was solche in Vergessenheit geratene Kleinigkeiten wie Pünktlichkeit, Verlässlichkeit, Ehrlichkeit angeht. Schon in meiner Generation werden diese Eigenschaften zunehmend durch Ich-komme-etwas-später-keit, Beliebigkeit, man-muss-ja-nicht-alles-so-genauigkeit substituiert.

Vor allem aber, mochte ich Deine Coolness, die allerhöchstens noch von Clint Eastwood als Dirty Harry übertroffen wurde, wenn ich dann, was wie jeder weiß, der meine sprichwörtliche Ruhe kennt, selten vorkam, ankam und fast hastig von einer Neuerung in unserem System erzählte mit so etwa 3GHz, und Du ganz gelassen antwortetest: „Eins nach dem anderen, Jetzt gucken wir uns erstmal die Navigation an. Was steht denn da? ...“

Du fehlst als Freund, der so ganz andere Erfahrungen hatte als ich. Ich hatte noch so viele Fragen. Ich mag Deine spezielle Bescheidenheit, deine Art, das Wesentliche zu sehen. Davon, von dem was wirklich wichtig ist, hast Du in letzter Zeit einige Male gesprochen, dass es außerhalb der Kisten, vor denen wir soviel kreative Zeit verbringen, eine tatsächliche Wahrheit gäbe. In Deinem Haus, im Wald mit Gitte, die Natur, die Tiere dort, die Details, die wir nicht beeinflussen – das wahre Leben.

Mein Lieber, ich schätze mich glücklich, dass ich Dich zu meinen Freunden zählen durfte, ich habe mich gefreut, dass ich in den letzten Jahren positiv zu Deiner Arbeitssituation beitragen konnte. Herbert, sei ab und zu bei uns, wenn wir Dich brauchen.

Ach so, beinahe hätte ich es vergessen: Es war trotzdem richtig, dass Du aufgehört hast zu rauchen.

Die Geschichte, woher der Begriff Internet stammt und der Ursprung des DDR-Ram, die gehören nicht hierher. Als Andenken an Dich, werde ich das CMS, das Du mit mir entwickelt hast, weiter entwickeln, vielleicht hilft ja jemand und unter dem Namen HERBERT als Public Domain veröffentlichen. Ich denke, das ist in Deinem Sinne.

Herbert, Gott schütze Dich. Bis irgendwann. Danke.