Als Kind stand ich oft mit zum Himmel gerichteten Blick und schaute einfach nach oben – das war im Herbst. Und ich heftete meinen Blick nicht grundlos. Vielmehr hypnotisierte mich das Geschrei der Gänse und ließ mich irgendwie ganz einsam erscheinen.

Fasziniert blickte ich den langen Zügen, die in Hacken- oder Delta-Formationen am Himmel entlang zogen, nach. Abschied, es war

zwar ein Abschied auf Zeit, soviel wusste ich schon, aber es war das Ende von Etwas, das sich wohl Sommer nannte.

Ich richtete meinen Blick erst wieder auf den Boden, wenn kein Vogel mehr zu sehen war und stand da – verlassen. Und mein Herz bliebt mir fast stehen, wenn ein einzelnes Tier am Himmel auftauchte. Denn man hatte mir gesagt, dass diese Tiere den Anschluss verpasst hätten und auf der Suche nach ihren Verwanden irgendwann erschöpft zu Boden sinken und sich der Kälte ergeben müssen. Es war mir kein Trost, dass es manche der Zurückgebliebenen doch bis zum Frühling schafften oder sich einem anderen Zug anschlossen.

Als ich gestern Nacht auf dem nach-Hause-Weg war, hörte ich plötzlich das Trompeten von Gänsen. Sie waren irgendwo da oben über mir, über Berlin, aber ich konnte sie nicht sehen, es war ja dunkel. Mein Blick bohrte sich durch die lichten Zweige einer Kastanie, einige Sterne waren am Himmel, und ich stellte mir vor wie die Vögel vorbeizogen, konnte sie hören, aber ich hätte sie gern gesehen, mich vergewissert. Und am liebsten wäre ich mitgeflogen.