Die emeritierte Professorin Dr. Gertraud Teuchert-Noodt ist Neurobiologin mit den Forschungsschwerpunkten Entwicklungsbiologie, Lernforschung und Psychoseforschung. Zwei Themen, zu denen sie Referate hält, sind „Wirkung digitaler Medien auf die Verrechnung von Raum und Zeit im Gehirn“ und „Warum Schulen ohne Medien besser funktionieren – hirnphysiologisch betrachtet“

Diese Themenkomplexe lässt Teuchert-Noodt auch im Interview mit der Tageszeitung „Neue Westfälische“ einfließen, das am 10. März 2020 veröffentlicht wurde. Darin antwortet sie auf die Frage, was sie denke, wenn sie vom „Digitalpakt Schule“ höre, dass weder Handys noch Tablets noch Notebooks etwas in der Schule zu suchen hätten.

Warum sind Notebooks, Tablets und Handys schlecht fürs Lernen?
Die Wissenschaftlerin begründet ihre Forderung damit, dass das Stirnhirn bei Kindern und Jugendlichen noch nicht ausgereift sei und durch die Nutzung digitaler Geräte nicht vollständig ausreifen könne. „Das Stirnhirn ist erst mit 18 bis 20 Jahren voll entwickelt“, so Teuchert-Noodt.

„Digitale Medien übererregen das kurzzeitgedächtnisbildende System, die Belohnungsschleife und den

Bereich der Konditionierung. Das Oberstübchen kann deshalb nicht ausreifen, weil die Dopaminausschüttung für das Stirnhirn dann blockiert wird, wenn durch das Nutzen von digitalen Medien das Belohnungssystem im Hirn der Kinder überfordert wird“, sagt die Hirnforscherin im oben genannten Zeitungsinterview.

Es stehe dann nicht ausreichend Dopamin für das Ausreifen des Stirnhirns zur Verfügung. „Das Stirnhirn und sein Arbeitsgedächtnis geraten deshalb nur in eine Art Notreifung.“

Die Forscherin sagt zudem: „Pädagogen haben nichts anders zu leisten, als dieses Oberstübchen langsam begleitend auszubauen. Die Eltern auch. Ihre Aufgabe ist es, das Kind aus dieser reinen Konditionierungsschiene herauszuführen. Digitale Medien mit ihrem Algorithmus-System arbeiten komplett dagegen.“

Nutzung von Handys und Co. auch für Erwachsene schlecht?
Im Übrigen führe die Nutzung digitaler Medien bei Erwachsenen zur Rückbildung von Synapsen im Gehirn bis hin zu (noch) früherer Demenz: „Eine Kindheit ohne Medien ist der beste Start ins digitale Zeitalter. Schließlich hat das für Erwachsene viele Vorteile gebracht. Wir sind reaktionsschneller geworden.“

Teuchert-Noodt wolle „nicht auf E-Mails, Internet und PowerPoint verzichten müssen. Mehr aber auch nicht.“ Alles andere lasse „auch Erwachsene früher in die Demenz rutschen lässt. Es geht darum, die Möglichkeiten gezielt einzusetzen, da sich die Netzverschaltung im Gehirn sonst schnell zurückbildet, auch bei Erwachsenen“.