Nachdem ich das etwas abgelegene Stadion erreicht hatte, wurde mir schnell klar, dass mich hier einmal mehr etwas anderes erwarten würde. Das Stadion sah aus als würde hier eine Mannschaft aus der deutschen Regionalliga spielen. Eine überdachte Tribüne, viele Stehplätze, der Tribünenring nicht ganz geschlossen, Tartanbahn, eine Hecke am Spielfeldrand, Kinder die vor dem Kick auf dem Rasen spielen – also eher Fußballidylle oder ein Fußballfest, als gnadenloser Profisport – und doch spielte der Tabellenführer gegen den Vierten der ungarischen Liga. Hier passte es auch ins Bild das einer der Spieler von Honved mit seinem kleinen Sohn auflief, der dann den Anstoß ausführen durfte, bevor er an der Hand von Papa zur an der Seitenauslinie wartenden Mutter gebracht wurde.

Trotz aller Bedenken meinerseits, was die Qualität des ungarischen Fußballs angeht, wurde uns ein spannendes und abwechslungsreiches Spiel geboten, bei dem die Fans beider Seiten auf Ihre Kosten kamen. Die Gastgeber waren sehr bemüht, das Führungstor zu erzielen und spielten engagiert in Richtung des Tores der Gäste. Kurz vor der Halbzeit rächte sich aber die offensive Spielweise des BFC und die Gäste gingen 0:1 in Führung. Kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit kam dann der nächste Paukenschlag, als die Gäste 0:2 in Führung gingen. Trotz der beiden Gegentreffer spielten die Spieler von Honved weiterhin motiviert und übten, von ihren Fans angetrieben, noch mehr Druck auf das Tor von Györ aus. Schließlich waren die Bemühungen von Erfolg gekrönt und Kispest konnte auf 1:2 verkürzen. In einer turbulenten Schlussphase gab es dann kurz vor Ende noch einen Freistoß für Honved, der hart und

platziert geschossen zum verdienten Ausgleich führte.

Das Fehlen von gelben und roten Karten belegt, dass das Spiel trotz aller Härte auf beiden Seiten sehr fair war. Am Ende hatte ich in einem interessanten und teilweise sehr schnellen Spiel vier Tore gesehen.

Die junge Dame, die mit ihrer Mutter! neben mir auf der Tribüne saß, lenke mich aufgrund ihres spektakulären Aussehens das eine oder andere Mal vom Geschehen auf dem Rasen ab … nun sind die Ungarn sehr aufgeschlossen und so dauerte es nicht lang, bis wir ein Gespräch begannen. Als dann die ersten Bengalos zu Beginn der zweiten Halbzeit abgebrannt wurden nutzte ich die Gunst der Stunde, um mich nach dem Hooligan-Problem, von dem uns im August alle berichteten, zu erkundigen. Sie lachte nur und sagte das man in Ungarn eigentlich keine Hooligans hätte, die Fans würden sich halt aus Spaß nach dem Spiel prügeln … Mit dieser Antwort hatte ich nun wirklich nicht gerechnet, es ist also wie immer im Leben eine Frage der Definition und somit ist auch dieses Problem relativ zu betrachten …

Ach ja, der Support von Honved, da können die meisten Ultra Gruppierungen noch etwas lernen. Das eigene Team wurde 90 Minuten lang gnadenlos angefeuert. Zur Freude über die erzielten Tore wurde im Stehblock der eine oder andere Bengalo entzündet, über die sich aber weder Ordner noch Polizisten aufregten, kein Stadionverbot wegen dem Abbrennen von Feuerwerkskörpern …

Leider gab es trotz der verschobenen Anfangszeiten an diesem Wochenende keine Möglichkeit zum Groundhopping, da das Stadion von Ujpest einfach zu weit von dem Boszik entfernt ist. Wegen des Stadions brauchte ich nicht durch die ganz Stadt reisen, denn schließlich hat der HSV dort im August gegen Honved gespielt.

Nach diesem Spiel im Boszik Stadion, weiß ich jetzt, warum der UEFA Cup nicht im heimischen Stadion gespielt wurde. Denn diese Arena genügt sicherlich nicht den Anforderungen des Verbandes. Eigentlich schade, aber der UEFA Cup ist halt ein Geschäft, bei dem es grundlegende Anforderungen an das Stadion und die Sicherheit zu erfüllen gilt. Nicht das ich mich unsicher gefühlt hätte, aber wenn die eine oder andere Fangruppe auf die Jagd gegangen wäre, hätten die anwesenden Polizisten sicherlich, zumindest kurzfristig, ihre Probleme gehabt.

Keep commercials and politics out of football!