Viele Frauen kennen den Tipp: Um einen sogenannten Hängebusen zu vermeiden, sei es ratsam, regelmäßig einen BH anzuziehen, am besten einen mit Bügeln im BH-Körbchen. Selbstverständlich sollte dieser nicht zu klein sein, also weder quetschen noch drücken noch kneifen.

Sind BHs schädlich für die Muskulatur?
Jean-Denis Rouillon ist Professor der sportmedizinischen Fakultät der Universität der Franche-Comté in Besançon. Im Rahmen seiner Tätigkeit dort stelle er fest, dass Studentinnen bei Belastungsübungen keinen BH trugen, damit die Bewegungsfreiheit nicht eingeschränkt ist: Er fragte sich, ob dieses Dessousteil bei langfristigem Tragen nicht nur unbequem, sondern auch gesundheitsschädigend sein könnte.

Seine These: Wenn die weibliche Brust permanent in ein Körbchen gelegt wird, dann setze eine Gewöhnungseffekt ein: Das Gewebe wird gestützt, was zu einer Verkümmerung des Muskelgewebes führt.

Nicht-BH-Tragen im Langzeittest
Rouillion konnte 330 Teilnehmerinnen der Altersgruppe 18 bis 35 Jahre gewinnen. Diese sollten 15 Jahre lang keinen BH tragen und ihre Brüste immer wieder untersuchen lassen. Letztendlich sah der Professor in den Ergebnissen, die er 2013 veröffentlicht hat, eine Bestätigung seiner Annahme: Das Brustmuskelgewebe war bei nahezu jeder Probandin straffer als vor dem Langzeitexperiment.

Ein Zeichen dafür waren aufrechter stehende Brüste – bei einigen Frauen um bis zu sieben Millimeter. Des Weiteren hatten Teilnehmerinnen mit anfänglichen Rückenschmerzen später weniger oder gar keine mehr. Der deutsche Titel des Aufsatzes der Forschungsergebnisse von Rouillon lautet „Faktoren der morphologischen Entwicklung des Busens nach Aussetzen des Büstenhalter-Tragens“.

Die Erklärung des Phänomens
Das Verhältnis zwischen Fett- und Muskelgewebe der Brust ist nicht bei jeder Frau gleich. Besonders große Brüste bestehen mehrheitlich aus Fett und hängen – wegen der Schwerkraft – schneller als Brüste mit mehr Muskeln. Bei den Studienteilnehmerinnen mit Körbchengröße

B und C hatte der BH-Verzicht eine bessere Ausbildung der Brustmuskeln zur Folge: Der Busen begann, sich selbst zu stützen.

Fange eine junges Mädchen mit dem BH-Tragen an, sobald sich seine Brust vergrößere, würden die Muskeln zur Untätigkeit gezwungen – mit der Folge, dass das Gewebe ausleiere. Wenn diese Phase eingetreten sei, werde die Trägerin abhängig von BHs, obwohl sie sie eigentlich gar nicht gebraucht hätte.