Tag neun nach den Attacken vor und im Kölner Hauptbahnhof und noch immer besteht der Eindruck, dass nicht alle bekannten Informationen zu den Vorfällen dort veröffentlicht wurden.

200 Strafanzeigen – allein in Köln
Nach Angaben des gestern durch den nordrhein-westfälischen Innenminister Ralf Jäger in den einstweiligen Ruhestand versetzten Kölner Polizeipräsidenten Wolfgang Albers seien – abgesehen von Delikten wegen Körperverletzung, Diebstahl, Raub und Ähnliches – vor allem Sexualdelikte registriert

worden.

Letztgenannte seien „in sehr massiver Form“ verzeichnet worden. So wurden bis zum 8. Januar 2016 etwa 200 Strafanzeigen von Opfern gestellt, drei Viertel von diesen würden einen sexuellen Aspekt beinhalten. Zudem rechne die Polizei damit, dass weiteren Straftaten, die sich in der Silvesternacht ereignet haben, zur Anzeige gebracht werden.

Polizei: Pflicht zur Verschwiegenheit?
Vor Pressevertretern sagten Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker am 4. Januar und Wolfgang Albers am 5. Januar, es gebe keinen Hinweis darauf, dass Asylsuchende beziehungsweise Flüchtlinge unter den Tätern sind.

Ein Bericht der Bereitschaftspolizei vom 2. Januar zeichnet ein anderes Bild: Von 71 Personen, deren Personalien polizeilich festgestellt wurden, würden Asylbewerber die Mehrheit ausmachen. Dabei sei nicht gesagt, dass diese Personen zu den Tätern zählen.

Gegenüber der „Bild“-Zeitung habe sich „ein hochrangiger Polizeibeamter aus Frankfurt am Main“ in puncto Zurückhaltung von Informationen wie folgt geäußert: „Bei Straftaten von Tatverdächtigen, die eine ausländische Nationalität haben und in einer Erstaufnahmeeinrichtung gemeldet sind, legen wir den Fall auf dem Schreibtisch sofort zur Seite.“

So gebe es „die strikte Anweisung“ seitens Leitung der hessischen Polizeibehörde, „über Vergehen, die von Flüchtlingen begangen werden, nicht zu berichten“. Eine Ausnahme seien „direkte Anfragen von Medienvertretern“. Diese Anweisung hätten er und Kollegen während einer Tagung erhalten.

Michael Schaich, Sprecher des hessischen Innenministeriums, räumt dazu ein: „Die Pressestellen-Leiter wurden darauf hingewiesen, dass das Thema ‚Flüchtlinge‘ von Rechtsextremisten instrumentalisiert werden könnte, um gezielt Stimmung gegen Schutzsuchende zu schüren.“